Frank Lienhard - Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Certified Valuation Analyst (EACVA)

Autor

Frank Lienhard

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Certified Valuation Analyst (EACVA)


Sebastian Broß - Steuerberater, Dipl.-Betriebwirt (FH), Certified Valuation Analyst (EACVA) – Inhaber und Kanzleileitung

Autor

Sebastian Broß

Steuerberater, Dipl.-Betriebswirt (FH), Certified Valuation Analyst (EACVA)

Matthias Kühne – Inhaber und Kanzleileitung

Autor

Matthias Kühne

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht, Betriebswirt (IWW), Certified Valuation Analyst (EACVA), Wirtschaftsmediator (BStBK)

Frank Lienhard, Matthias Kühne und Sebastian Broß, 26.07.2024

Testamentsvollstreckung

Durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung kann der Erblasser noch über seinen Tod hinaus Einfluss auf den Nachlass nehmen, was im Einzelfall für den bzw. die Erben Fluch oder Segen sein kann. Mit der Testamentsvollstreckung kann er den Erben die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über den Nachlass mehr oder weniger weitreichend entziehen und auf den Testamentsvollstrecker übertragen.

Grundprinzipien der Testamentsvollstreckung

Der Testamentsvollstrecker unterliegt innerhalb des vom Erblasser durch letztwillige Verfügung zugewiesenen Aufgabenkreises weder den Weisungen des Erben noch des Nachlassgerichts. Zum Schutz der Erben sieht das Gesetz immerhin verschiedene Pflichten des Testamentsvollstreckers vor, von denen auch der Erblasser den Testamentsvollstrecker nicht entbinden kann (§ 2220 BGB).

Pflichten des Testamentsvollstreckers

Zu den Pflichten des Testamentsvollstreckers gehört es, den Nachlass ordnungsgemäßen zu verwalten, die Pflicht zur Rechnungslegung sowie zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses. Weiter hat er die mit dem Nachlass zusammenhängenden steuerlichen Pflichten zu erfüllen, insbesondere die Steuererklärung(en) abzugeben. Im Falle einer schuldhaften Pflichtverletzung haftet der Testamentsvollstrecker für einen etwa hieraus entstandenen Schaden. Außerdem kann ihn das Nachlassgericht bei Vorliegen eines wichtigen Grundes aus seinem Amt entlassen.

Hat sich der Erblasser für eine Testamentsvollstreckung entschieden, wird er regelmäßig selbst eine Person als Testamentsvollstrecker bestimmten, die die hierfür notwendigen Kenntnisse besitzt und sein Vertrauen genießt. In der Regel werden mit der Anordnung auch sogleich Regelungen zur Vergütung des Testamentsvollstreckers in Absprache mit diesem getroffen. Dieser hat Anspruch auf eine „angemessene Vergütung“. Hier kann beispielsweise auf die Empfehlungen des Deutschen Notarvereins zurückgegriffen werden.

Arten der Testamentsvollstreckung

Grundsätzlich unterscheidet man die Abwicklungs-, die Auseinandersetzungs- und die Dauer-Testamentsvollstreckung. Erstere stellt den gesetzlichen Normalfall dar. Sie beinhaltet insbesondere die Umsetzung der letztwilligen Anordnungen, die Inbesitznahme des Nachlasses und die Geltendmachung der zum Nachlass gehörenden Rechte. Mit der kompletten Abwicklung des Nachlasses erlischt die Testamentsvollstreckung.

Gibt es mehrere Erben, so gehört auch die Auseinandersetzung unter den Erben zu den Aufgaben des Testamentsvollstreckers (Auseinandersetzungstestamentsvollstreckung).

Soll der Testamentsvollstrecker darüber hinaus oder ausschließlich für einen längeren Zeitraum den Nachlass oder bestimmte Gegenstände davon (z.B. Immobilien) verwalten, so muss dies der Erblasser ausdrücklich im Testament anordnen. Eine Verwaltungsvollstreckung ist maximal für die Dauer von bis zu 30 Jahren nach dem Erbfall zulässig und kann auf eine bestimmte Zeitspanne begrenzt (z.B. vom Erbfall bis zum Eintritt der Nacherbfolge) oder durch den Eintritt eines bestimmten Ereignisses (z.B. den Tod des Testamentsvollstreckers) beendet werden. Darüber hinaus kann eine Testamentsvollstreckung auf einen bestimmten Erbteil eines Miterben beschränkt werden.

Warum sollte ein Erblasser eine Testamentsvollstreckung anordnen?

Es gibt verschiedene Gründe dafür, in seinem Testament einen Testamentsvollstrecker zu benennen.

Sicherstellung der Willensdurchsetzung

Der Erblasser kann sicherstellen, dass sein letzter Wille genauso umgesetzt wird, wie er es vorgesehen hat. Dies ist besonders wichtig, wenn spezifische Anweisungen für die Verteilung des Nachlasses oder die Verwaltung von Vermögenswerten gegeben wurden.

Vermeidung von Konflikten

Durch die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers können potenzielle Konflikte zwischen den Erben vermieden werden, da der Testamentsvollstrecker als neutrale Partei agiert und die Verteilung des Nachlasses überwacht.

Vereinfachte Abwicklung

Die Anordnung der Testamentsvollstreckung kann sich schon deshalb anbieten, weil der Erblasser Alleinstehend ist, sich voraussichtlich die Nachlassabwicklung aufgrund der Zusammensetzung des Nachlasses oder der Familienkonstellation (Patchwork-Familie) nicht einfach gestalten wird oder eine professionelle Abwicklung insbesondere auch die Erfüllung von Vermächtnissen sichergestellt werden soll. So kann z.B. auch die Testamentsvollstreckung auf die Erfüllung der Vermächtnisse begrenzt werden (Vermächtnistestamentsvollstreckung) oder auf einzelne Nachlassgegenstände.

Die Anordnung der Testamentsvollstreckung kann im Einzelfall (z.B. bei minderjährigen Nacherben) von Vorteil sein, da eine Bestellung eines Ergänzungspflegers sowie einer familienrechtlichen Genehmigung z.B. für die Verfügung über Immobilienvermögen vermieden werden kann.

Schutz des Erben und Schutz vor dem Einfluss Dritter

Der typische Fall für eine Testamentsvollstreckung zum Schutz des Erben ist eine Dauertestamentsvollstreckung für den minderjährigen Erben bis zum Erreichen eines bestimmten Lebensalters. Dem Sorgeberechtigten oder Vormund des Minderjährigen ist insoweit die Verfügungsbefugnis entzogen. Sie kann sich deshalb in Fällen anbieten, in denen der Sorgeberechtigte von der Verwaltung des Nachlasses ausgeschlossen werden soll. Alternativ kann der Erblasser dieses Ziel auch mit dem Entzug der Vermögensverwaltungsbefugnis für ein oder beide Elternteile für das vom Minderjährigen geerbte Vermögen erreichen.

Ist der Erbe dauerhaft eingeschränkt geschäftsfähig oder sogar geschäftsunfähig, so kann dieser z.B. durch die Anordnung der Vor- und Nacherbfolge sowie einer Testamentsvollstreckung für bestimmte Nachlassgegenstände für die Lebzeit des Erben in gewissem Umfang am Nachlass beteiligt werden, ohne dass einen Zugriff der Gläubiger (insb. der Sozialhilfeträger) auf den Nachlass möglich ist (sog. Behindertentestament).

Schutz des Nachlassvermögens

Durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung wird darüber hinaus nicht nur das Nachlassvermögen aufgrund des Ausschlusses des „wirtschaftlich leitsinnigen“ Erben von der Verfügung über Nachlassgegenstände geschützt, sondern auch der Zugriff der Eigengläubiger des Erben erschwert. So ist die Zwangsvollstreckung in Nachlassgegenstände eines Gläubigers des Erben z.B. nicht zulässig, solange die Testamentsvollstreckung nicht insgesamt beendet ist (§ 2214 BGB). Allerdings ist der Erbteil eines Miterben (bei mehreren Erben) auch durch dessen Eigengläubiger pfändbar, so dass es im Einzelfall zum Schutz des Nachlassvermögens weiterer Anordnungen bedarf.

Zusammenhalt des Vermögens

Gehört zum Nachlass ein Unternehmen kann es bei einer Mehrzahl von Erben sinnvoll sein, für eine Übergangszeit Testamentsvollstreckung anzuordnen, wenn die Unternehmensnachfolge noch nicht geregelt ist. Auf diese Weise kann einem oder mehreren Miterben oder Dritten die Rolle des vermögensmäßigen Familienoberhaupts zugewiesen werden. Im Einzelfall ist hier jedoch intensiv zu prüfen, ob das Ziel der Versorgung der Hinterbliebenen und der Fortbestand des Unternehmens durch das Mittel der Testamentsvollstreckung erreicht werden kann oder ob andere Lösungen vorzuziehen sind. Hier muss insbesondere nach der Rechtsform, in der das Unternehmen geführt wird, unterschieden werden.

Testamentsvollstreckung bei Unternehmensbeteiligungen

Geht es im Rahmen der Testamentsvollstreckung „nur“ um die Geltendmachung eines Abfindungsanspruchs, da der verstorbene Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet, kann eine Testamentsvollstreckung sinnvoll sein.

Bei Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) sind die Geschäftsanteile und Aktien vererblich und fallen in den Nachlass, so dass eine Testamentsvollstreckung zunächst unproblematisch ohne Zustimmung der Mitgesellschafter angeordnet werden kann. Allerdings können erbrechtliche und gesellschaftsrechtliche Regelungen den Handlungsspielraum des Testamentsvollstreckers einschränken:

Ist die Ausübung von Verwaltungsrechten in der Gesellschafterversammlung durch Nicht-Gesellschafter (hier den Testamentsvollstrecker) in der Satzung ausgeschlossen, so beschränkt sich die Testamentsvollstreckung faktisch auf die Geltendmachung von vermögensrechtlichen Ansprüchen. Da der Testamentsvollstrecker gem. § 2206 BGB keine neuen Pflichten für den Nachlass begründen darf, ist aus Haftungsgründen z.B. keine Kapitalerhöhungen gegen Einlage der Gesellschafter möglich. Auch kann das Schenkungsverbot des § 2205 BGB zu Problemen führen, wenn z.B. eine Satzungsänderung eine Verkürzung der Rechte der Erben bedeuten würde.

Denkbar ist zwar eine Überwindung dieser Probleme über eine zusätzliche rechtsgeschäftliche postmortale Vollmacht für den Testamentsvollstrecker. Ist der Erbe jedoch mit dem Handeln des Testamentsvollstreckers nicht einverstanden, kann er diesem in die Quere kommen.

Kommt die Anordnung der Testamentsvollstreckung in Betracht, lohnt sich die rechtzeitige Befassung mit dem Thema.

Fazit

Es gibt gute Gründe dafür, in seinem Testament einen Testamentsvollstrecker zu benennen. Im Ergebnis sollte der Erblasser pro und contra einer Testamentsvollstreckung aber immer gut abwägen und auch alternative Lösungen prüfen.

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